Der große athletische Mann sitzt mit hängenden Schultern vor mir „Das können sie doch nicht machen!“ Er war 20 Jahre loyal und einsatzfreudig, nie krank und hat jede Extraaufgabe übernommen. Zum Schluss als Teamleiter Direktmarketing. Er kennt das Unternehmen wie kein Zweiter. Und auf einmal soll sein reichhaltiger Erfahrungsschatz für das Unternehmen keinen Stellenwert mehr haben? Nach mehreren Gesprächen hat ihm der Vorgesetzte dies heute eröffnet und ihm ein großzügiges Abfindungspaket angeboten. In dem Moment, wo er dessen verlässt, ist alles anders. Er gehört nicht mehr dazu. Sein Beitrag unerwünscht. Und nun? Wie soll es nur weitergehen?
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Die wirtschaftlich wie persönlich hoch angespannten Zeiten fordern uns als Individuen jeden Tag auf’s Neue. Einigkeit herrscht in dem Umstand, dass wir uns in Vorwärtsdrang & Offenheit für Entwicklungsmöglichkeiten nicht erschüttern lassen sollten. Doch was, wenn man sich Trennung, starken Umbruchphasen oder Verlusten im beruflichen Kontext unfreiwillig gegenüberstehen sieht?
Svens Beispiel ist kein Einzelfall. Die Bewältigung eines solchen Prozesses kann sich im ersten Moment unüberwindbar anfühlen – dumpf, neblig & ausweglos. Nicht nur für den Betroffenen, oft auch für die verantwortliche Führungskraft, die solch eine Trennungsentscheidung im Namen des Unternehmens umsetzen muss. Für Sven stehen nun die Meilensteine Akzeptanz und Bewältigung auf dem Weg zu neuen Ufern. Dabei sind Realisieren & Akzeptieren des eingetretenen Umstands der erste und oft auch schwerste Schritt auf diesem Weg. Während er mechanisch aber gewohnt pflichtbewusst letzte Übergaben und Schritte für die Zeit nach seinem Weggang sicherstellt, kämpft er darum zu begreifen, was geschehen ist. Noch kann keine Rede von einem Neuanfang sein – zu sehr zieht „die alte Welt“ noch und zu präsent der Schmerz, dieser nicht selbst induzierte lebensverändernden Intervention.
Zu seinem Abfindungspaket gehören Sitzungen mit einem Offboarding Coach seiner Wahl. Sven weiß zwar nicht, was er davon halten soll, aber irgendwann ist der Schmerz und die Verzweiflung so groß, dass er den Schritt wagt. Schnell zeigt sich, dass die Bewältigungsarbeit mit einem Gegenüber der „auf seiner Seite“ ist, tatsächlich leichter fällt.
Die Möglichkeit, seinen Gedanken & Gefühlen Ausdruck zu verleihen, verhindert dass sich Themen innerlich aufstauen. Zusammen mit seinem Coach gewinnt er Zugriff auf seine ganz persönlichen Bewältigungsmechanismen & Ressourcen. Den „Kopf freibekommen“ durch regelmäßige Bewegung an der frischen Luft ist eine seiner Strategien, die er vor lauter Schreck völlig aus den Augen verloren hatte.
Sie nehmen sich Zeit für die Abschieds- und Trauerarbeit, nicht ohne den Blick ab und zu schon nach vorne zu wenden. Was könnte positiv sein an dieser Situation? Ist einer der zunächst seltsam anmutenden Fragen, die der Coach stellt. Aber tatsächlich kommen sie gemeinsam auf ein paar interessante Aspekte. Allein hätte Sven den Schritt aus der beruflichen Comfort Zone nie gemacht. So bekommt er die Chance wirklich nochmal was ganz Neues auszuprobieren. An der Erfahrung zu wachsen und eine ganz eigene Lernkurve daraus zu machen.
Das Bewältigen & Verarbeiten solch prägender Einschnitte im Berufsleben ist zweifelsohne ein Kraft- & Balanceakt – doch es ist eben gleichsam auch die Lösung, der entscheidende Schritt nach vorn – und nicht das Problem.
Sechs Monate später hat Sven seine Traumreise nach Neuseeland gemacht, die er immer verschoben hatte aus Sorge im Job „etwas zu verpassen“. Er ist in ersten Gesprächen mit verschiedenen Auftraggebern, die sein Know-How im Direktmarketingbereich schätzen. Was daraus wird, weiß er noch nicht genau, aber er spürt, dass er gebraucht wird und dass das er etwas anzubieten hat, was die Unternehmenswelt braucht – jenseits seiner alten Arbeitgeber-Marke. Auf die schaut er inzwischen mit Gelassenheit und sogar ein bisschen Dankbarkeit – man sieht sich immer zweimal denkt er.
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