Wie man in seiner vertrauten Umgebung und Kultur Anschluss findet, das scheint uns oft automatisch klar und nur eine Frage der eigenen Initiative zu sein. So wie ein kleines Kind, das im Laufe der Zeit lernt, wie man mit anderen Kindern Freundschaften schließt, wie man sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat, und mit welchen Mimiken man untereinander kommuniziert. Wir haben verinnerlicht, wie man am Arbeitsplatz, in einer neuen Stadt, in einem neuen Umfeld Anschluss finden kann. Dabei sind uns häufig die Grundvoraussetzungen für die Anschlussfähigkeit nicht bewusst, laufen diese doch weitgehend unbewusst ab. Was braucht es also, um diese Grundvoraussetzungen auch für andere Kulturen zu verstehen, um dort Anschluss zu finden?
Mit 10 Jahren habe ich gelernt, dass meine Lehrerin nur die eine Welt kannte, jedoch nicht die andere. Ich habe verstanden, dass man je nach Erfahrungsgrad eine andere Perspektive für dieselbe Situation haben kann.
Ich habe gelernt, dass die Grundvoraussetzungen einfach anders sein können in einer neuen Kultur, in einem neuen Land. Dinge, die ich für selbstverständlich gehalten hatte, wurden anders wahrgenommen und akzeptiert – oder eben auch nicht. Ich begegnete dem mit Neugier, fragte mich, welche Regeln in der neuen Kultur herrschen, was diesen Menschen in dem neuen Land in der zwischenmenschlichen Beziehung wichtig ist, worauf ich zu achten hatte. Ich wurde zum geübten Beobachter und Nachahmer.
Heute kann ich in Situationen, in denen mir bewusst wird, auf welch‘ unterschiedlicher Ausgangsbasis sich die Beteiligten befinden, einen Schritt zurücktreten und versuchen, diese aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Für mich der erste Schritt, um in einer neuen Kultur oder Umgebung, anschlussfähig werden zu können. Im Kern geht es darum, sein Wissen und sein Ego beiseite zu stellen und den Bedürfnissen, Denkweisen, Werten und Verhaltensweisen der anderen Raum und Aufmerksamkeit zu schenken. Es geht um das sich Einlassen auf eine Reise, die Verständnis für die vielschichtigen Nuancen des menschlichen Miteinanders in unterschiedlichen Kontexten schafft. Dies erfordert Offenheit, die über die eigenen Erfahrungen hinausgeht, um die Perspektiven anderer Menschen kennen und wertschätzen zu lernen.
Um also unabhängig von Nation, Kultur oder Beziehung Anschluss untereinander zu finden braucht es Neugier statt Beurteilung, Beobachtung statt Selbstverständlichkeit, Raum für sich und den anderen. Denn eigentlich bewegen wir uns ja in jeder Beziehung, zwischen mindestens zwei verschiedenen Welten.
Verfasserin: EunJu Oh
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